Aufgaben des Apollo Guidance Computers

Nie zuvor wurde ein Navigationscomputer für den Betrieb im Flug entwickelt, der einen derart umfangreichen Funktionsumfang hatte, wie der AGC ihn erhalten sollte. Bereits die Block I Version, die auf den unbemannten Flügen eingesetzt wurde, hatte ein großes Aufgabengebiet, inklusive Ein- und Ausgabe für den – auf den unbemannten Flügen natürlich nicht vorhandenen – Astronauten. In der Block II Version kam dann noch die Steuerung der VHF-Kommunikation und die direkte Steuerung der RCS-Thruster (Reaction Control System) hinzu.

Systemschnittstellen AGC Block II [HAL1996, S. 67]

Aus der Abbildung ist auch ersichtlich, dass die manuelle Steuerung ebenfalls über den AGC läuft und somit keineswegs unabhängig vom Computer ist.

Die Architektur des AGC lässt sich in sieben Bereiche unterteilen:

  • Zeitgeber (timer) - für Synchronisierungsimpulse

  • Sequenzgenerator (sequence generator) - regelt die Ausführung der Maschineninstruktionen durch Steuerimpulse

  • Zentralprozessor (central processor) - Berechnungen

  • Speicher (memory) - aufgeteilt in Festspeicher und beschreibbaren Speicher

  • Prioritätensteuerung (priority control) - Steuerung der Prioritäten einzelner Operationen

  • Ein/Ausgabe

  • Energieversorgung (power) - 4-Volt- und 14-Volt-Zufuhr von Brennstoffzellen

Bei der AGC-Architektur handelt es sich also um eine Von-Neumann-Architektur. Der AGC war zwar speziell für die Navigation im Weltraum konzipiert worden, war aber dennoch ein Allzweckrechner, der unterschiedlichste Funktionen übernehmen konnte, wie z.B. die Übernahme der Steuerung der Saturn V oder die Durchführung von Missionsabbrüchen, welche je nach aktueller Flugphase unterschiedliche Anforderungen an das System stellten. Darüber hinaus bildet die Prioritätensteuerung ein auch heute noch aktuelles Scheduling-Verfahren, das in den 1960er-Jahren nicht nur hoch modern war, sondern auch nie zuvor für einen Navigationscomputer in einem Flugzeug oder Raumschiff eingesetzt worden war. Es gab vorher schlicht keine Computer, die zum einen leistungsfähig genug für die Navigation im Weltraum, zum anderen derart kompakt gebaut wie der AGC waren.

Die folgende Übersicht zeigt die technischen Daten des AGC Block II, also der Version, die in den bemannten Flügen zum Einsatz kam:

Taktfrequenz 1,024 MHz
Taktgeber: Quarzoszillator mit 2,048 MHz
Signalteilung für Mehrphasentakt
Wortlänge 16 Bits
Memory cycle time 11,7 s
RAM 2.048 Words
ROM 36.864 Words
Maschineninstruktionen 34 reguläre + extended
Prioritäten Interrupts 11
Additionszeit 23.4 us
Multiplikationszeit 46.8 us
Input/Output 227 Circuits
Integrated Circuits 5.600
Energiebedarf 55 Watt
Gewicht 31,8 kg
Volumen 27,5 l

Technische Daten des AGC (Überblick), nach [HAL1996, Kapitel 1]

Neben der technischen Leistungsfähigkeit und der kompakten Bauweise musste der AGC natürlich auch die enormen physischen Belastungen des Starts in der Saturn V problemlos überstehen. Dies wurde zum einen durch stabile Umhüllungen des AGC, zum anderen durch äußerst robuste Bauteile erreicht. So basierte z.B. der Festspeicher, der sämtliche Navigationsprogramme enthielt, auf einer innovativen Technologie, die es ermöglichte, sehr stabilen Speicher mit dennoch geringem Volumen bzw. hoher Speicherdichte zu bauen.